Vom 30. Januar bis 30. Juni 2015 durfte ich im Rahmen meines Studiums an der DHBW-Mosbach ein Semester im Ausland verbringen. Aus meiner im Voraus getroffenen Wahl verschiedener Partnerhochschulen sagte mir die DHBW einen Aufenthalt an der Hogeschool Zeeland (HZ), in Vlissingen zu. Vlissingen liegt im Südwesten der Niederlande auf der Halbinsel Walcheren in der Provinz Zeeland.
Bevor es Ende Januar losging, waren noch einige Sachen zu erledigen. Einerseits waren da die Kurswahl und die Abstimmung mit meiner Heimathochschule. Die in den Niederlanden belegten Kurse sollten denen in Deutschland ähnlich sein. Obwohl ich in dieser Hinsicht alles geklärt hatte, musste ich die Kurswahl vor Ort doch noch einmal ändern, da ein Kurs in diesem Jahr nicht angeboten wurde. Letztendlich konnte ich mich aber auch hier – sowohl mit der DHBW als auch der HZ – einigen.
Andererseits war da noch die Wohnungssuche als weiterer großer Bestandteil der Vorbereitung. Ich hatte die Wahl zwischen über die Stadt verstreuten Wohngemeinschaften oder einem Platz in einer Wohngemeinschaft im Studentenwohnheim. Auch wenn die Erfahrungen vorheriger Austauschstudenten zu letzerem äußerst gemischt waren, entschied ich mich für das Studentenwohnheim, um mit so vielen Studenten wie möglich in Kontakt zu kommen.
Als es am 30. Januar frühmorgens los ging, hatte ich mein kleines Auto von vorne bis hinten zugepackt. Ich nahm mir alles Denkbare für den größtmöglichen Komfort für 5 Monate in einem Studentenzimmer mit. Für mich bedeutete dies: Eigene Bettwäsche, eine große Auswahl an Kleidung, meine Fotoausrüstung und weil ich gerne gut koche auch eigene Kochutensilien. Mittags angekommen wurde ich schon von der Hochschulverwaltung erwartet und konnte nach Erledigung verschiedener Formalien mein Zimmer im Wohnheim beziehen. Anschließend fand abends ein Wilkommensessen statt, bei dem wir Austauschstudenten uns näher kennenlernen konnten.
Die nächsten Wochen und Monate sollte ich also abseits von Zuhause in Vlissingen, Zeeland verbringen. Zeeland ist die südlichste Provinz der Niederlande und wird jährlich als die Provinz mit den schönsten Stränden der Niederlande ausgezeichnet. In der Tat waren die Strände prächtig. Die Dünen zogen sich kilometerweit und luden zum Joggen aber auch mal zu einem gemütlichen Lagerfeuer ein. Zum Baden war es leider selbst im Juni zu kalt. Trotz sonnigem Wetter lagen die Temperaturen nie wesentlich über 20 Grad.
Vlissingen selbst hat etwa 45.000 Einwohner und war früher einmal der größte Flottenstützpunkt der Niederlande. Die Stadt verfügt somit über eine schöne restaurierte Altstadt und einen historischen Hafen. Im Sommer zieht die Stadt zahlreiche holländische als auch deutsche Touristen an. Die dort vorhandenen Restaurants und Pubs laden zu Nordseefisch, Frittiertem und echtem holländischen und belgischen Bier ein.
Meinen Alltag verbrachte ich trotz all der verführerischen Leckereien an der HZ. Die HZ ist eine Hochschule mit ausgesprochen internationalem Profil. Sie vereint 4500 Studenten von denen etwa ein Viertel aus dem Ausland kommt. Die Vorlesungen unterschieden sich vom bisher Gewohnten zum Teil deutlich. Im Gegensatz zu Deutschland waren diese kürzer. Weiterhin steht im niederländischen System das problembasierte Lernen im Vordergrund. Das bedeutet, dass in den Vorlesungen lediglich Grundlagen näher gebracht wurden, die in einer anschließenden Gruppenarbeit vertieft werden
sollten. Somit konnte die freie Zeit zwischen den Vorlesungen nicht zurück gelehnt werden, sondern musste genutzt werden, um die Gruppenarbeiten fertigzustellen. Über den Stoff hinaus lernte ich bei den Gruppenarbeiten insbesondere mich selbst und ein Team zu organisieren. Da meine Gruppenmitglieder aus Kanadiern, Franzosen und Mexikanern zusammengewürfelt waren, galt es in dieser Hinsicht manchmal auch auf kulturelle Unterschiede einzugehen. Der Zeit- und Lernaufwand war im Großen und Ganzen aber vergleichbar mit dem an der DHBW.
Neben dem Studieren konnte ich an den zahlreichen Freizeitaktivitäten der HZ teilnehmen. So konnte ich wöchentlich mit den anderen Studenten Tennis spielen oder bei den organisierten Ausflügen mitfahren. Zusammen waren wir beispielsweise beim Go-Kart fahren in einer Eishalle, beim Kitebuggying, wo wir in einem kleinen Wagen sitzend von einem Drachen gezogen wurden oder auch beim Surfen am Strand – mit Neoprenanzug ausgestattet übrigens das einzige Mal an dem ich während meines Aufenthalts in der Nordsee baden konnte.
Weiterhin konnte ich von Vlissingen aus einige umliegende Städte besuchen. Herausragend zu nennen sind hier Amsterdam mit seinen vielen Grachten, Rotterdam, niederländisches Wirtschaftszentrum mit moderner Architektur und riesigem Hafen, Antwerpen mit historischem Stadtzentrum, sowie Brügge, ebenfalls wie Antwerpen in Belgien gelegen, mit historischer Architektur und aufregenden Kanälen – fast wie ein kleines Venedig.
Außerhalb von Sport und Reiseaktivitäten verbrachten wir Austauschstudenten den Rest der freien Zeit beim gemütlichen Beisammensein. Wir spielten Karten, kochten gemeinsam Spezialitäten aus unseren jeweiligen Ländern und hatten Spaß. Dabei schlossen wir echte Freundschaften, die über den Auslandsaufenthalt hinweg gepflegt werden.
Unsere Kommunikation untereinander lief komplett auf Englisch ab. Dabei empfinde ich es nicht als Nachteil, dass der Großteil meiner Sprachpartner keine Muttersprachler waren. Oft musste ich mehreren Personen aus verschiedenen Sprachkreisen gleichzeitig zuhören und mich in deren Akzente rein hören. Insbesondere zu Anfang war das herausfordernd. Auch im holländischen Alltag konnte ich mich des Englischen bedienen. Ich versuchte zwar, die im Sprachkurs an der HZ erworbenen Brocken Holländisch zu nutzen, allerdings wechselten meine Gegenüber sofort ins Englische. In den Niederlanden spricht nun mal nahezu jeder Englisch.
Abschließend lässt sich sagen, dass die Zeit in Vlissingen eine abwechslungsreiche, interessante und spannende Erfahrung war. Ich lernte BWL in einem anderen Schulsystem und das auch noch in einer Fremdsprache. Ich traf viele neue Menschen aus verschiedenen Kulturen und lernte mit ihnen zu leben und zu arbeiten.
An dieser Stelle bedanke ich mich bei der GELITA AG und meiner Ausbildungsbetreuerin Frau Grimm, die auf einen Teil meiner Praxisphase zugunsten des Auslandssemesters verzichtet haben. Weiterhin und ganz besonderen Dank gilt der Harald Stoess Stiftung die mir das Auslandssemester dank eines finanziellen Zuschuss ermöglicht hat.
Text und Bilder: Janek Wozniak